Romane im Internet - kostenlos lesen

Auf dieser Webseite können Sie kostenlos in Romanen schmökern, die es nicht im Buchhandel gibt. Sie wurden von der ersten bis zur letzten Zeile auf einem Laptop geschrieben und können am besten auf einem Computer-Screen gelesen werden. Die Werke haben normale Roman-Länge, aber der Text ist so ausgerichtet, daß man ihn bequem auf dem Bildschirm verfolgen kann, ohne die Übersicht zu verlieren. Der Herausgeber glaubt, daß Laptop-Literatur die Chance hat, in Zukunft gleichberechtigt neben gedruckten Büchern zu existieren.

Obwohl der Personal-Computer ursprünglich als Instrument zum Schreiben und Rechnen eingeführt wurde, eröffnete ihm das Internet weit größere Möglichkeiten. Spiele, Fotografie, Musik sammeln, Videos genießen. Das Lesen von Zeitungen auf dem Bildschirm wird immer populärer, bis hin zur Existenzgefährdung der traditionellen Druckpresse. Auch Bücher sind auf dem Vormarsch, vor allem Science Fiction, werden aber das gedruckte Buch nicht so bald überflügeln.

Es hat Gründe, daß Bücher es schwerer haben, ihren Weg ins Internet zu finden. Ich kann darüber aus eigener Erfahrung sprechen. Als mein Arbeitgeber mir den ersten Internet-Anschluß auf den Desktop legte, war ich neugierig, welchen Zugang mir das World Wide Web zur Weltliteratur verschaffen würde. Der Anfang war vielversprechend. Ein Kollege von mir, der beim gleichen Nachrichtenmagazin tätig gewesen war wie ich, hatte einen Schlüsselroman verfaßt, in dem er beschrieb, wie unser gemeinsamer Boss angeblich in der Toskana seine Lebensgefährtin im Swimmingpool ertränkte. Ein so brisanter Text war nicht für den Druck geeignet, aber ein Juwel für das Internet, dessen Publikationen damals noch nicht so hart juristisch verfolgt wurden, wie das heute immer öfter der Fall ist. Da unser ehemaliger Boss einen ruppigen Umgang mit seinen Mitarbeitern pflegte, las ich das Buch mit Spannung und Schadenfreude, auch wenn ich mehr von seiner diffamierenden Absicht als seinem Wahrheitsgehalt überzeugt war.

Durch diesen Lese-Erfolg ermutigt, hielt ich im Web Ausschau nach weiteren literarischen Texten. Es gab auch einiges, aber ohne persönliche Motivation ermüdete mich das Lesen. Nach vier, fünf Bildschirmseiten hatte ich genug und wünschte mir den Text gedruckt. Heute weiß ich, daß die schnelle Ermüdbarkeit durch die geringe Schriftgröße ausgelöst wurde, die zur Grundausstattung aller PCs gehörte. Erst spät kam ich darauf, daß MS Windows es erlaubte, die Buchstabengröße auf dem Bildschirm beliebig zu verändern, also auch stark zu vergrößern.

Den Ausschlag, das zu tun, gab mir ein Aufenthalt in Südostasien, wo die Normalschrift auf meinem Laptop unter dem hellen Tropenhimmel zu Fliegendreck reduziert wurde. Ich experimentierte mit der Einstellung verschiedener Fontgrößen und stelle fest, daß ich eine Schrift in der Größe von Achtzehn Punkt (dieses Maß kommt aus der alten Druckindustrie) mühelos lesen konnte, ohne zeitliche Begrenzung, ja sogar bequemer als ein Buch, das man mühsam in der Hand halten muß, während der Blick auf heutige Bildschirme die Augen kaum irritiert.

In der Fachpresse liest man oft, daß elektronische Apparate produziert werden, sogenannte E-book-Readers, mit denen man extra zu bezahlende Buchtitel aus Net-Bibliotheken kostenpflichtig abrufen kann. Eines der jüngsten Produkte ist das "Kindle" von Amazon, auf das man copyright-geschützte neue Bücher für zehn Dollar das Stück herunterladen kann.

Ein Preis, den sich nicht jeder leisten kann. Wenn ich Strandurlaub mache, suche ich in Teneriffa, Phuket oder Singapur ein Taschenbuch-Antiquariat auf, wo man gebrauchte Thriller aus den letzten Jahren für 200 Peseten das Stück (weniger als zwei Dollar) kaufen kann. Ich lese diese Bücher unter dem Sonnenschirm am Strand und entsorge sie anschließend, weil ich dafür keinen Platz im Fluggepäck habe.

Ein elektronisches Lesegerät möchte ich nicht Salz und Sand am Meeresstrand aussetzen, und wenn ich mir fünfzig oder hundert elektronische Bücher auf Vorrat herunterlade, könnte das teurer werden als mein Flugticket.

Neuerdings wollen einige Anbieter sogar literarische Texte auf Telefon-Displays überspielen. Gegen Gebühr. Liebe Leserin, lieber Leser, können Sie sich vorstellen, Cornelia Funkes fein ziselierte Sätze ("Tintenherz"), oder Prosa von Virginia Woolf in der U-Bahn auf Ihrem Handy zu lesen?

Wenn Sie keine Angst vor Virginia Woolf haben, können Sie sich ihre Werke kostenlos aus dem Internet auf Ihren Laptop oder Tisch-Computer herunterholen und auf dem Bildschirm lesen. Vorausgesetzt sie haben einen Browser - Firefox, Opera, Internet Explorer, Safari. Nicht  nötig aber hilfreich wäre ein Textsystem, wie Open Office, MS Word, Starwriter oder Textmaker. Ihr Computer ist bereits ein perfektes Lesegerät. Sie brauchen keine zweite Maschine in ihren Bordcase hinein zu zwingen.

Es gibt gemeinnützige Stiftungen, die die Verbreitung des Buches im Internet fördern wollen, ohne etwas dafür zu verlangen. An erster Stelle ist hier das amerikanische "Project Gutenberg" zu nennen das bereits siebzehntausend Bücher digitalisiert hat, die man problemlos abrufen kann unter www.gutenberg.org, die meisten allerdings in englischer Sprache. Von Shakespeares Werken bis zu Hunderten von Krimis. Es gibt einen deutschen Ableger unter www.gutenberg.spiegel.de. Für Liebhaber von Trivialliteratur in englischer Sprache ist das australische www.gutenberg.net.au eine wahre Fundgrube, weil die Antipoden down under ein anderes Urheberrechts-Gesetz haben als wir. Dort werden Bücher schon fünfzig Jahre nach dem Tod ihres Autors Allgemeingut. In der Heimat Gutenbergs beträgt die Sperrfrist siebzig Jahre.

Allein über den amerikanischen Pulp-Helden "Doc Savage" findet man in gutenberg.net.au über hundert Titel. (Ein wesentlich gepflegterer deutscher Unterhaltungs-Autor, Olaf K. Abelsen, der vollkommen in Vergessenheit geriet, ist im zweiten Teil dieser Webseite wieder zu entdecken).

Zur Zeit sind Google, Microsoft und eine "Open Content Alliance" dabei, riesige Web-Bibiotheken einzurichten. Wie benutzbar sie sind, wird sich später erweisen.

Es gibt aber schon jetzt Autoren, denen das Gelesen Werden wichtiger ist als die Tantieme. So stellte der englische Thriller-Schreiber Stephen Leather seinen umfangreichen Thailand-Roman "Privat Dancer" zum kostenlosen Runterladen ins Netz. Vierundfünfzigtausend Leser machten von diesem Angebot Gebrauch. Zum Vergleich: Ich selber veröffentlichte       meinen ersten Roman im Alter von neunzehn Jahren. Er wurde in einer Auflage von viertausend Stück auf Papier gedruckt und nie wieder neu aufgelegt.

Stephen Leathers Coup wirkt harmlos, vergleicht man ihm mit dem Erfolg des amerikanischen Science-Fiction-Schreibers Cory Doctorow. Er veröffentlichte seinen ersten Roman gleichzeitig als gedrucktes Buch und im Internet. Von der Print-Ausgabe wurden zehntausend Stück verkauft. Von seiner Einladung, das Buch kostenlos auf ihren Computer herunterzuladen, machten siebenhunderttausend Leser Gebrauch. Eine Zahl, die die Möglichkeiten der Internet-Publikation sichtbar macht. Wohlgemerkt - es war ein Roman, keine Software Gebrauchsanleitung. Doctorow hat über ein Dutzend Schriftsteller-Kollegen, die wie er ihre Bücher gratis über das Internet vertreiben.

Man kann sich vorstellen, daß mehr und mehr Autoren, denen es wichtig ist, im Gespräch zu sein, ein neues Werke umsonst im Internet vorstellen. Das tue auch ich.

Bleibt die Frage: Wovon soll ein Schriftsteller leben, wenn er seine literarischen Werke im Netz verschenkt? Cory Doctorow hat darauf eine verblüffende Antwort. Der Erfolg seiner kostenlos im Internet verteilten Bücher bringt ihm lukrative Tätigkeiten im Randbereich des Literaturbetriebs ein. Ein Stipendium, bezahlte Fernseh-Interviews, gut dotierte Zeitschriften-Artikel und öffentliche Lesungen (die auch für deutsche Print-Autoren ein wichtiges Standbein sind.) Ohne seine Internet-Veröffentlichungen wäre er nicht an diese Aufträge gekommen.

In der Vergangenheit haben einige unserer größten Autoren nie versucht, vom Schreiben zu leben, sondern einen Brotberuf ausgeübt. Goethe war Minister und Intendant, Hölderlin war Hofmeister, Gottfried Benn Hautarzt. Ich hoffe, das Internet zieht vor allem Schriftsteller an, denen es wichtiger ist, ihren Lesern nahe zu sein, als von Bestseller-Erfolgen zu träumen, für die man sich den Marktregeln der Verlags-Industrie anpassen muß, nicht immer zum Vorteil des geschriebenen Wortes.

Der erste Laptop-Roman zum Lesen auf Bildschirmen wurde schon vor fünfundzwanzig Jahren geschrieben. Sein Titel "Blind Pharao". Der kanadische Autor Burke Campbell verfaßte ihn 1982 in einer öffentlichen Marathonsitzung in Toronto und publizierte ihn direkt in Compuserve, einem Vorläufer des Internets. Bei dieser Veranstaltung ging es auch darum, den Akt des Schreibens und den Vorgang des Lesens zeitlich möglichst nahe aneinander zu bringen, was man damals für einen eminenten Vorteil der Computer-Kommunikation hielt. Später gab es immer wieder Anläufe zu interaktivem Lesen und Schreiben, ohne durchschlagenden Erfolg. Digitale Bibliotheken konnte man sich damals noch nicht vorstellen, weil gute Festplatten zu jener Zeit gerade eine Speicherkapazität von zehn Megabyte besaßen, ein Zehntausendstel des heute auf Laptops Üblichen.

Heute, ein Vierteljahrhundert später, ist der Netz-Roman publizistische Wirklichkeit. Von den Klassikern, die das Projekt Gutenberg anbietet, werden jede Woche siebenhundertfünfzigtausend Stück heruntergeladen.

Für mich selber haben EBooks bereits ein gewichtiges Plus gegenüber Drucksachen. Das ist die Veränderbarkeit der Buchstabengröße. Kürzlich las ich in der New York Times, daß der pensionierte Chef der Amerikanischen Notenbank eine - inzwischen verstorbene - Exil-Autorin so schätze, daß er regelmäßig ihren Salon besuchte, um sie aus einem noch unveröffentlichten Roman vorlesen zu hören. Was mußte das für ein Werk sein, fragte ich mich, das einem Zahlen-Jongleur so wichtig war? Da es noch nicht digitalisiert ist, bestellt ich ein Exemplar im Internet-Antiquariat. Was mir die Post brachte, war ein Taschenbuch, dessen Seiten übermäßig eng bedruckt waren, mit 3500 Buchstaben pro Seite statt der üblichen 1800. Die Schrift war so klein, daß ich sie bei allem Bemühen nicht entziffern konnte. Wäre es ein elektronisches Buch gewesen, hätte ich es auf dem Bildschirm vergrößert und bequem gelesen. So aber habe ich den Roman enttäuscht in der blauen Mülltonne abgelegt, ein Buch für das ein Baum umsonst gestorben war, und das jetzt der Müllabfuhr Arbeit macht. Hier ist die Netzliteratur dem gedruckten Buch gegenüber im Vorteil.

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